Beitrag D-Cup Malte Hentrop

Leider haben nur zwei Bremer Schachfreunde auf meinen Aufruf, mir ein paar Zeilen zu schicken, reagiert. Einer von beiden war Malte Hentrop von den Findorffer Schachfreunden, der mir die Vorabfassung eines Zeitungsberichts für die Lokalzeitung seiner Heimatgemeinde zukommen ließ:

Bericht vom Deutschland-Cup

Zur Person

Mit acht Jahren erlernte Malte Hentrop aus Ritterhude das Schachspiel von seinem Vater und war sofort begeistert von dem Spiel. Wenn er ein Diagramm in einer Zeitschrift entdeckte, blieb dies nicht unstudiert. Oft spielte er fasziniert von dem Spiel alleine mit seinem Brett. „In meinem Freundeskreis hat sich keiner für das Spiel interessiert. Schach war bei mir so etwas wie eine heimliche Leidenschaft.“ Den Weg in den Schachverein hat er jedoch erst mit 19 gefunden, nachdem er dem Handballsport den Rücken kehrte „Ich war einerseits neugierig, wie es in einem Schachverein so zugeht und zum anderen, wie gut ich mich in einem Schachverein durchsetzen werden kann.“ Da waren die Schachfreunde Osterholz-Scharmbeck natürlich die erste Adresse. Der Ritterhuder fühlte sich dort gleich wohl und gewann auch das Vertrauen des Vereins. Anfangs spielte er in der ersten Mannschaft, die in der Bremer A-Klasse spielte, noch am achten Brett. Mit der Zeit spielte Malte Hentrop jedoch solider, wurde von der Mannschaft auf Position vier gesetzt und erzielte dort anständige Ergebnisse.

Für das Lehramt-Studium (Fachbildungswissenschaften) zog Malte Hentrop in den Bremer Stadtteil Findorff, in dem er auch geboren wurde. Dort schloss er sich vor anderthalb Jahren den Findorffer Schachfreunden an. „Ich habe meinen alten Verein gemocht. Doch wollte ich nicht jede Woche den weiten Weg auf mich nehmen. In Findorff habe ich einen Verein direkt vor der Haustür. Es gibt dort einige starke Spieler, von denen ich lernen kann. Natürlich will ich mich deutlich verbessern.“ Der ehemalige Ritterhuder hat sich inzwischen sehr gut in seinem neuen Verein eingelebt, doch gelegentlich fährt er gerne mal nach Osterholz um seine alten Kollegen zu besuchen. „Wären die Erfahrungen in Osterholz nicht so positiv gewesen, würde ich wohl heute nicht mit so viel Spaß und Ehrgeiz bei der Sache sein. Heute kann ich mir ein Leben ohne Schach gar nicht mehr vorstellen. Wenn ich später meinen Beruf als Grundschullehrer ausüben werde, möchte ich die Kinder auch für das Schachspiel begeistern.“

Im Juni fand die Bremer Qualifikation für den Deutschland-Cup statt. Hentrop setzte sich nicht nur in der eigenen Gruppe (DWZ (Deutsche Wertungszahl) 1300-1399) durch, sondern wurde verlustfrei souveräner Gesamtsieger der in Bremen aus Teilnehmermangel zusammengefassten Turniergruppe (DWZ 1300-1499). „Als ich mich qualifizierte, war für mich sofort klar: Da machst du mit! Ein solches Spektakel wird es in Deutschland so schnell nicht wieder geben. Da meine Wertungszahl (1395) noch deutlich unter meiner realen Spielstärke war, rechnete ich mir auch im Vorfeld gute Chancen aus mich zu qualifizieren.“

Zum Turnierverlauf

Am Sonntag in der ersten Runde trat Malte Hentrop gegen André Röwekamp vom SF Reckenfeld (NRW) an. Der Norddeutsche verstand im Gegensatz zu seinem Gegner das Eröffnungskonzept der Russischen Verteidigung recht gut und erspielte sich schnell einen leichten Eröffnungsvorteil. Er verlor jedoch mit einem Zug gleich zwei Tempi und wenig später einen Bauern, sodass sich der leichte Vorteil in einen leichten Nachteil umkehrte. Röwekamp bekam gefährliches Figurenspiel, welches der ehemalige Osterholzer aber zu verteidigen wusste. Es entstand ein Turmendspiel, in dem der Bremer die strategischen Pläne besser verstand und sich ein klar gewonnenes Endspiel erspielt. Allerdings unterlief ihm ein großer Fauxpas, sodass er nur noch ein Remis erlangte. Auf Grund der niedrigen Teilnehmerzahl reichte das Remis um im KO-System weiterzukommen.

Am nächsten Tag hieß der Gegner Johann Krause vom SG Porz (NRW). Die Kontrahenten zeigten an diesem Tag ein sauberes Spiel und erreichten eine Remisstellung. Der Blitzentscheid brachte Johann Krause im KO-System weiter, sodass Malte Hentrop nicht mehr um den Turniersieg spielen konnte und im Schweizer System weiterspielte.

Dienstags mussten die Spieler gleich zwei Mal ans Brett. Zuerst spielte der 23-jährige gegen Jonas Tebbe (SK Nordwalde) aus. Dies war somit schon der dritte NRW-ler, dem Hentrop sich stellen musste. Dieser behandelte die Eröffnung sträflich und musste nach schon 20 Zügen die Waffen strecken.

In der vierten Runde tat Hentrop sich gegen den erst 12-jährigen Sachsen Tobias Jacob, der dem TSV Kitscher angehört, äußerst schwer. In der Eröffnung erspielte er sich schnell leichten Vorteil, fand jedoch nicht die richtigen Pläne, sodass der Sachse seinerseits aktiv wurde und Malte gehörig beschäftige. Tobias Jacob erhielt ein leicht besseres Endspiel. Dies spielte er über eine sehr lange Zeit stark, lief dann jedoch in ein taktische Falle, die Malte Hentrop ihm stellte. Hentrop kassierte zwei Mehrbauern, mit denen er sich auch erfolgreich den vollen Punkt holte.

Der nächste Tag bescherte dem Bremer Qualifikanten dann die erste reguläre Niederlage. Der Saarländer Maximiliam Steffen (SC Lesbach 1975 e.V.) reagierte auf Hentrops 1. …c5 mit einem Alapin-Sizilianer. Beide Seiten spielten die Eröffnung lange Zeit sauber. Hentrop fand jedoch keinen überzeugenden Plan, während sein Gegner ein konsequent gespieltes Angriffsspiel aufzog.

Die sechste und letzte Runde brachte mit Jonathan Hartzendorf aus Rheinland-Pfalz erneut einen starken Gegner. Er setzte mit den schwarzen Steinen den klassischen Franzosen mit 5. … cxd4 fort. Mit dieser Stellung hatten beide Spieler, wie sich in der nachträglichen Analyse zeigte, bereits Erfahrungen gesammelt. Hentrop spielte die Variante konsequent aggressiv weiter und bekam durch das klassische Läuferopfer auf h7 heftigen Angriff. Doch auch sein Gegner spielte konzentriert und genau. Anstatt die Figuren zu entwickeln oder den Versuch zu starten den Angriff abzuwehren reagierte richtigerweise mit einem Gegenangriff mit der Dame am anfällig gewordenen Damenflügel. Das Ergebnis war ein blanker weißer König und ein hängender Turm auf a1, der wegen der Mattdrohungen jedoch nicht genommen werden durfte. Die beiden Kontrahenten einigten sich auf Remis, verließen sich angrinsend den Turniersaal und beurteilten die Partie unisono mit dem Wort „krass!“.

Fazit

„Das Turnier hat mich sehr überrascht. Mein Ziel von vier aus sechs möglichen Punkten habe ich nicht erreichen können. Leider wurden es nur dreieinhalb. Ich rechnete damit, dass alle deutlich stärker spielen, als ihre alte und auch neu ausgewertete DWZ es vermuten lassen. Schließlich haben sich alle Teilnehmer in einem Qualifikationsturnier durchsetzen müssen. Aber dass ich es so schwer haben werde, hätte ich nicht erwartet. Meine Gegner waren allesamt zwischen zwölf und neunzehn Jahren alt. Noch stärker als sonst hat man gemerkt, dass bei diesen Jugendspielern die Wertungszahl um gute 200 Punkte hinterherhinkte. Schon nach dem ersten Spiel war mir klar, dass ich bei meiner aktuellen DWZ von 1564 meine Wertungszahl nur schwer verbessern kann.

Obwohl ich mit meiner Bilanz nicht wirklich zufrieden bin, bereue ich die Turniereilnahme keineswegs. Das Turnier war gut organisiert. Zwischenfälle und Probleme hielten sich im Rahmen und wurden angemessen behandelt. Mit Dresdens Kongresszentrum entschied man sich zum einen für eine schöne und kulturell interessante Stadt und fand einen perfekten Austragungsort. Rahmenprogramm und Turnierangebot waren facettenreich. Besonders reizvoll war auch die Tatsache, dass man an den gleichen edlen, elektronischen Brettern spielte, wie die Nationalspieler zur späteren Stunde. Als störend empfunden haben die Spieler nur die ungewohnte Anordnung der Partieformulare, bei denen sich die Zugnummerspalte zwischen den weißen und schwarzen Zugspalten befand. Dies erschwerte sowohl die Notation während des Spiels als auch die nachträglichen Analysen. Doch über dieses Manko waren die meisten bereit hinwegzusehen und sich daran zu gewöhnen.

Ich hoffe, dass der deutsche Schachbund dieses Turnier auch in Zukunft losgelöst von der Olympiade durchführen wird. Bei anderen Turnieren streut die Leistungsstärke des Teilnehmerfeldes sehr stark, sodass man in der ersten Runde beim Schweizer System eine extrem starke Leistungsdifferenz hat. Dies ist für stärkere wie auch schwächere Spieler keine große Freude. Dieses Problem existiert bei dieser Turnierform nicht. Zudem bekommen auch schwächere Spieler mal die Chance um einen Turniersieg mitzuspielen, was gerade für junge Spieler eine tolle Motivation ist.“

Letzte Änderungen

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