Mittwoch, 29. Juli 2009
Mittwoch - Bebilderte Zwischenbilanz nach fünf Runden
- chessray am 29.Jul 09, 10:35
Gestern liefen parallel zur Runde Pokerdemonstrationen:
Ob diese beflügelnd wirkten, kann ich nicht eindeutig sagen. Mindestens zwei Fakten sprechen jedoch dafür:
Hamburgs Jungstar Niclas Huschenbeth ließ Igor Stohl in einer vorbereiteten Variante richtig auflaufen und gewann souverän:
Ich selbst fegte meinen jugendlichen Gegner in etwa eineinhalb Stunden vom Brett. Wer mein Repertoire kennt, errät wahrscheinlich anhand der Schlussstellung mühelos noch die Eröffnungsvariante:

(Letzter weißer Zug war 23. Tbc3.)
So, jetzt ab zur Vorbereitung. Gestern fiel die leider unter den Tisch, weil für die Ideon-Turniere noch keine Auslosungen verfügbar waren.
Dienstag, 28. Juli 2009
Dienstag - Das Gegurke ging weiter
- chessray am 28.Jul 09, 11:41
Eine kurze Rochade am Montag, na super. Gegen einen jungen Letten, der immerhin Rang 3 der Setzliste im C-Turnier bekleidet, verpasste ich eine frühe Chance auf Vorteil und war in der Folge hauptsächlich damit beschäftigt, meine immer noch mehr als verteidigungsfähige Stellung weiter zu destabilisieren, so dass sich mein Gegner gegen den Sieg irgendwann einfach nicht mehr wehren konnte. Nur dämlich, so was.
Beim abendlichen Essen im China-Restaurant "Forgotten City" besaß insbesondere die Analyse von Björns Partie einen hohen Unterhaltungsfaktor. Siege sind einem ja selten peinlich, irgendwie galt das aber hier für den Gewinner schon...
Anbei ein paar Bilder von der gerade laufenden WM im Polgar Superstar Chess:

Die Grundaufstellung

So sieht's auf dem Brett aus.

Rückeinfluss des Pokerspiels? Auch in den Hauptturnieren sitzen einige Spieler mit Sonnenbrille am Brett. Vielleicht finden wir gar bald eine feste Kleiderordnung in den Fide-Regeln?
Montag, 27. Juli 2009
Montag - Also deshalb heißen die Reiseschecks!
- chessray am 27.Jul 09, 16:10
Die zweite Runde bescherte mir das Kellerkind der Setzliste, eine junge Schwedin namens Louise. Glücklicherweise spielte sie mit viel Respekt, so dass mein zugegebenermaßen plumper Plan doch noch durchschlug.
Heute früh galt es zu der unchristlichen Zeit von 8:00 Uhr(!!!) Runde 3 im C-Turnier zu bestreiten. Dank unglücklicher gegnerischer Eröffnungsbehandlung erreichte ich mit Schwarz schnell mindestens Ausgleich, gewann durch einen taktischen Patzer einen Bauern und leitete schließlich in ein an sich unverlierbares Endspiel ab. Leider ging das nach einigen Ungenauigkeiten doch noch irgendwie verloren... - peinlich, peinlich, das muss besser werden. Ab 16:00 Uhr habe ich Gelegenheit zur Wiedergutmachung, weswegen ich auch schnell verschwinden sollte.
Übrigens kann ich heutzutage von den einst so beliebten Reiseschecks nur dringend abraten. Die Wechselstuben haben gleich abgewunken ("no cheques!"), und in der CSOB (rein von der Anzahl der Filialien wohl doch eine recht große Bank) hieß es: "We don't work with American Express." Als hätte das irgend etwas damit zu tun...
Die tschechische Sparkasse war da etwas freundlicher. In nicht weniger als einer Dreiviertelstunde hatte ich es endlich geschafft, dort meinen einige Jahre alten Reisescheck über die immense Summe von 50 US-Dollar in tschechische Kronen umzutauschen. Hinter dem Schalter beschäftigte diese Aufgabe tatsächlich zwei Mitarbeiterinnen - und wer weiß, bei wie vielen sie noch telefonisch nachfragten.
Jedenfalls habe ich daraus meine Lehre gezogen. Reiseschecks sind definitiv überholt (aber mit Sicherheit diebstahlsicherer als je zuvor - wer klaut schon einen Scheck, den er garantiert nirgends einlösen kann?). Der Name rührt wohl daher, dass man von Institution zu Institution reisen muss, um sie endlich benutzen zu können.
Sonntag, 26. Juli 2009
Sonntag - Erstrundenpflicht erfüllt
- chessray am 26.Jul 09, 21:24
Zwar war der Auftritt alles andere als souverän, aber letztendlich habe ich wohl einfach mehr gesehen als mein mit der Niedersächsischen Schachjugend angereister Gegner. Zeitgleich ringen Björn und Frank auch ihren Zweitrundengegnern Remisen ab, wobei sich insbesondere bei Björn die Vorbereitung – in Form der aufgesparten Zeit fürs Turmendspiel – ausgezahlt hat. Franks Gegner nahm erwartungsgemäß die Einladung zu einem Qualitätsopfer an, hatte jedoch bis zur Schlussstellung, in der Frank nach eigenen Worten eigentlich hätte weiter spielen sollen, vielleicht gerade mal so Kompensation.
Abends war eine Schwimmbadparty mit Livemusik angesagt. Naja, das Grillgut tröstete ein wenig über gesangliche Unzulänglichkeitne des Duos hinweg. Pardubice-Veteran Björn war vom Niveau der Darbietung nur wenig überrascht – er meinte, diese Schwimmbadabende seien dafür berüchtigt. Währenddessen fragte ich mich, welche Sprüche der Dida für die zwei parat gehabt hätte.
Wenigstens störten die beiden nicht zu sehr bei der Analyse:
Der Stimmung bei den Tschechen tat das mangelnde Niveau jedoch offenbar keinen Abbruch:
Mehr nach Runde 2 oder morgen oder so...
Samstag - Prosím, nerušte!
- chessray am 26.Jul 09, 21:14
(Da ich hier nur sporadisch Netzzugang habe, werde ich bei einzelnen Berichten den eigentlich gemeinten Tag in der Überschrift hinzufügen.)
Oder auch „Bitte nicht stören“. So steht es zumindest auf dem berühmten Anhängerschild für meine Zimmertür. Mancherorts scheinen solche Hinweise auch um 1 Uhr nachts notwendig zu sein. Ein paar spät Angereiste machten ziemlich genau zu dieser Zeit einen Höllenlärm im Innenhof, um noch eingelassen zu werden. Unnötig zu erwähnen, dass es natürlich Deutsche waren – und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Schachspieler. Manchmal schämt man sich echt seiner Nationalität. Zu allem Überfluss haben die Jungs das Zimmer neben mir bezogen und sich dort erst noch lauthals bei laufendem Fernseher, dessen Nachtwerbespots deutlich zu hören waren, eingerichtet, anstatt sich einfach direkt in die Betten zu verziehen.
Trotz dieser Ruhestörung fühle ich mich vergleichsweise fit für Runde 1, wenngleich ich noch nicht wirklich den Eindruck habe, auch „im Kopf“ bereits beim Turnier angekommen zu sein. Das mag auch daran liegen, dass ich Björn und Frank gestern verpasst habe – als ich gegen 18 Uhr nach einer unnötig langen Anmeldeprozedur die Arena betrat, hatten sich beide schon gütlich mit ihren Gegnern geeinigt.
Anbei ein paar Ansichten der CEZ Arena (in der ich ja leider nicht spiele) und der Umgegend:

Donnerstag, 23. Juli 2009
On the way to... Pardubice
- chessray am 23.Jul 09, 15:24
Nach einem nicht einmal als mäßig zu bezeichnenden Auftritt beim ZMD-Open im vergangenen Sommer orientiere ich mich in diesem Jahr etwas weiter nach Osten. Das
International Chess and Games Festival im tschechischen Pardubice, in dessen Rahmen die deutschen Nachwuchsteams gerade
europäische Medaillenränge belegt haben, lockt nicht nur mit einem außergewöhnlich umfassenden Schachangebot, sondern allerlei Drumherum - z.B. gleich am Sonnabend mit Nachtbaden und Livemusik im Schwimmbad sowie einer abendlichen Erkundung des historischen Stadtkerns am kommenden Mittwoch.
Da verkommt Schach
fast schon zur Nebensache, aber trotzdem will ich kurz drauf eingehen: Während sich meine beiden Hamburger Bekannten Björn Bente und Frank Bracker bereits morgen ins Getümmel gegen die Titelträger stürzen werden, habe ich mir auch aufgrund der Tatsache, dadurch einen Urlaubstag zu sparen, das C-Turnier (bis Elo 2200) rausgepickt, was bei meiner im vergangengen halben Jahr präsentierten Form schon Herausforderung genug darstellen dürfte.
Ich hoffe, meine wenigen Leser regelmäßig an den Abenteuern teilhaben lassen zu können. Zur Onlineanbindung vor Ort kann ich allerdings momentan wenig sagen.
Samstag, 13. Dezember 2008
Mysteriöser Waggon
- chessray am 13.Dez 08, 21:37
Ich bin noch die Auflösung
dieser Story schuldig:

Werrrrrr hat's erfunden? Die Schweizer!
D-Cup: Bremer Gesamtbilanz
- chessray am 13.Dez 08, 21:36
Ich wollte mich schon seit Wochen mal dran geben, aber, äh... - ist ja auch egal. Betrachten wir das Abschneiden der Bremer Teilnehmer, wobei ich die "Realpunkte" berücksichtige:
Gruppe 0-999: Joachim Woelke (SF Bremer Osten) war einer von acht Teilnehmern in dieser Gruppe, die zum Stichtag 01.01.2008 noch über keine Wertungszahl verfügten. So wird z.B. der Gruppensieger Sergio Alfonso Garcia Vega vom badischen SK Villingen inzwischen mit über 1800 in der DWZ-Datenbank geführt. Auch Ivan Buller, der Joachim seine einzige reguläre Niederlage einbrachte, steht bei über 1750. Mit solchen Ausreißern musste man in dieser Gruppe wohl einfach leben. Trotzdem bedeuteten seine 3,5/6 einen Wertungsverlust.
Gruppe 1000-1099: Matthias Rast (Bremer SG) spielte mit exakt 50% ebenfalls leicht unter Wert. Mit einem Sieg zum Schluss wäre er über dem Schwellwert gelandet. Aber schlussendlich schreibt er ja auch selbst, dass er im Erwartungsbereich gelandet ist.
Gruppe 1100-1199: Ebenfalls 3 Punkte stehen für Niklas Bockelmann (Delmenhorster SK) zu Buche, was für ihn einen deutlichen Rückschritt darstellt. Sein Erwartungswert waren laut DWZ-Datenbank fast fünf Punkte, aber derartige Wechselbäder kennt man ja von den Jugendlichen, gerade den Jüngeren. Also nicht verzagen, sondern einfach weitermachen.
Gruppe 1200-1299: Dersim Aslan (SAbt SV Werder Bremen) hatte auch stark unter den veralteten Ratinglisten zu leiden. Nur seine Gegnerin aus der vorletzten Runde befindet sich mit ihrer aktuellen Zahl noch im Bereich der Gruppe. Gleich in der ersten Runde unterlag er gegen den späteren Finalisten. Wirklich schade finde ich nur, dass er nicht eine Partie gewonnen hat. Aber seine zwei Punkte sind bei fast ausnahmslos nominell stärkeren Gegnern aller Ehren wert.
Gruppe 1300-1399: Malte Hentrop (Findorffer Sf) hat sich ja selbst schon ausführlich geäußert. Wer selbst mit einer deutlich höheren Zahl in diese Gruppe geht, kann natürlich nur schwer noch Wertungspunkte gewinnen. Die 3,5 aus 6 sind aber nicht unbedingt ein Beinbruch, haben doch genug Teilnehmer schlechter abgeschnitten.
Gruppe 1400-1499: Mein alter Vereinskamerad Alexander Jung (SF Achim) war offenbar völlig außer Form. 1 aus 6 ist wahrlich kein besonders erquickendes Resultat, vor allem nach einem doch recht überzeugenden Qualifikationsturnier. Da hilft wohl eigentlich nur vergessen.
Gruppe 1600-1699: Andree Stürken (TuS Varrel) erspielte real 4,5 (definitiv die meisten Bremer Punkte) und hatte nur beim Blitzen Pech. Eine DWZ-Leistung von über 1900 ist in dieser Gruppe eine extrem starke Vorstellung. Wünschen wir ihm, dass es so weitergeht.
Gruppe 1700-1799: Der zweite Varreler Manfred Hedke brauchte offenbar erst ein paar Partien zum Aufwärmen: Einem Remis aus den ersten drei Runden stehen drei Siege aus den letzten dreien gegenüber. Da seine Gegnerschaft komplett nominell stärker war, bedeutet diese Leistung natürlich ein respektables DWZ-Plus von über 30 Punkten.
Gruppe 1800-1899: Ralf Fasmers (SK Bremen-West) erreichte zwar ein augenscheinlich schlechtes Resultat von "nur" 1,5 aus 6, hätte aber aufgrund seiner DWZ einige Gruppen tiefer spielen müssen. Nur seine Elo ließ ihn in dieser Gruppe landen, in der er sich leider einfach überfordert zeigte.
Gruppe 2000-2099: Unterm Strich muss ich wohl zufrieden sein. Platz 19 ist deutlich besser als mein Setzlistenrang, und auch ohne den Kampflosen habe ich sowohl ein DWZ- als auch ein Eloplus eingefahren. Vor allem der Sieg in der letzten Runde war hübsch - und auch ermutigend, hält mein Gegner doch seit Jahresbeginn seine DWZ konstant deutlich über 2000... Letztendlich brauche ich keine Jubelarien zu vollführen, aber es geht schon in Ordnung.
Gruppe 2100-2199: Rolf Hundack (Bremer SG) bewies vor allem eines: Kondition. Seine Partien dauerten bestimmt von allen Bremer Teilnehmern am längsten. Leider war diese Ausdauer nur selten von Erfolg gekrönt. Unterm Strich steht ein einziger Partiesieg bei drei Remisen - bei einem DWZ-Erwartungswert von über 3,8 ist das leider zu wenig. Auch seine Elo wird wohl leiden, wenngleich weniger heftig (bei der DWZ waren's knapp 30 Miese). Aber wir wollen nicht vergessen, dass Rolf es als einziger Bremer in die 3. Runde geschafft hat.
Gruppe 2200-2299: Boris Tchetchelnitski (ebenfalls Bremer SG) kam wie einige andere erst in der zweiten Turnierhälfte in Schwung: Nach zwei Niederlagen und einem Remis punktete er zweimal voll und erspielte sich trotz der Niederlage in der letzten Runde ein kleines Plus für seine zuletzt arg gebeutelte DWZ. Die Elo wird allerdings sinken - so merkwürdig können die Systeme sein.
Mein persönlicher Eindruck: Obwohl (oder vielleicht gerade weil) die Bremer Teilnehmer wenig zusammen unternahmen, empfanden alle das Erlebnis sehr positiv. Schade, dass es das wohl in dieser Form nie wieder geben wird. Aber es gibt ja immer noch die Ramada-Turniere...
Beitrag D-Cup Matthias Rast
- chessray am 13.Dez 08, 20:33
Der zweite Schachfreund, der mir seine Gedanken zukommen ließ, ist Matthias Rast von der Bremer SG:
Wie hat mir Dresden gefallen?
Der Deutschland-Cup und das Swiss- K. o.- System haben mir insgesamt sehr gut gefallen. Was in meinen Augen verbesserungsbedürftig ist, ist, dass man halbe Punkte (remis) mit ins „normale“ Schweizer System übernimmt, wenn man nach dem Blitzen aus dem Wettbewerb (K. – o. – System) ausgeschieden ist. Das war in Dresden leider nicht der Fall, so dass die Tabelle ein verzerrtes Gesicht zeigt…
Turnierablauf und Organisation waren im Großen und Ganzen in Ordnung. Die Schacholympiade ist eine Großveranstaltung und da kann man einfach nicht alles bis ins letzte Detail planen…
Es war auch eine schöne Erfahrung, bei der Schacholympiade mit „von der Partie“ gewesen zu sein und Schachgrößen wie Kramnik, Carlsen, Topalov etc. aus der Nähe über die Schulter schauen zu können, schauen zu dürfen. Erfreulich war auch, dass täglich bis zu 3000 Zuschauer ins Internationale Congress-Center strömten.
In Dresden hatte sich vieles um Schach gedreht; nichtsdestotrotz habe ich mir in der Stadt das ein oder andere angeschaut (Zwinger, Frauenkirche, Innenstadt etc.). Dresden gefällt mir (mal abgesehen von den „Plattenbauten“, die an jeder Ecke stehen), die Dresdner sind sehr freundlich etc. und das nehme ich doch auch mit „nach Hause“.
Wie bin ich mit meinem persönlichen Abschneiden zufrieden?
Meine persönliche Zielsetzung vor (!) dem Turnier lautete: Halbfinale im K. o. –System und / oder vier Punkte. Letztendlich bin ich nach einem Remis in Runde 1 als Lucky Looser in die zweite Runde eingezogen und bin dann dort ausgeschieden…Meine Bilanz:: Es stehen bei mir zwei Siege, zwei remis und zwei Niederlagen zu Buche und unter dem Strich geht das auch in Ordnung.
Und wenn mein halber Punkt aus der ersten Runde in der Tabelle (Schweizer System) berücksichtigt worden wäre, hätte ich einen Tabellenplatz gemäß Setzliste erzielt. Mein Abschneiden liegt im Rahmen der Erwartungen…
Fazit:
Der Deutschland-Cup war ein sehr schönes Turnier und es wäre wünschenswert, wenn man dieses Turnier – unabhängig von der Schacholympiade – auch in der Zukunft austragen würde.
Die Schacholympiade ist und bleibt ein unvergessenes Ereignis!
Beitrag D-Cup Malte Hentrop
- chessray am 13.Dez 08, 20:31
Leider haben nur zwei Bremer Schachfreunde auf meinen Aufruf, mir ein paar Zeilen zu schicken, reagiert. Einer von beiden war Malte Hentrop von den Findorffer Schachfreunden, der mir die Vorabfassung eines Zeitungsberichts für die Lokalzeitung seiner Heimatgemeinde zukommen ließ:
Bericht vom Deutschland-Cup
Zur Person
Mit acht Jahren erlernte Malte Hentrop aus Ritterhude das Schachspiel von seinem Vater und war sofort begeistert von dem Spiel. Wenn er ein Diagramm in einer Zeitschrift entdeckte, blieb dies nicht unstudiert. Oft spielte er fasziniert von dem Spiel alleine mit seinem Brett. „In meinem Freundeskreis hat sich keiner für das Spiel interessiert. Schach war bei mir so etwas wie eine heimliche Leidenschaft.“ Den Weg in den Schachverein hat er jedoch erst mit 19 gefunden, nachdem er dem Handballsport den Rücken kehrte „Ich war einerseits neugierig, wie es in einem Schachverein so zugeht und zum anderen, wie gut ich mich in einem Schachverein durchsetzen werden kann.“ Da waren die Schachfreunde Osterholz-Scharmbeck natürlich die erste Adresse. Der Ritterhuder fühlte sich dort gleich wohl und gewann auch das Vertrauen des Vereins. Anfangs spielte er in der ersten Mannschaft, die in der Bremer A-Klasse spielte, noch am achten Brett. Mit der Zeit spielte Malte Hentrop jedoch solider, wurde von der Mannschaft auf Position vier gesetzt und erzielte dort anständige Ergebnisse.
Für das Lehramt-Studium (Fachbildungswissenschaften) zog Malte Hentrop in den Bremer Stadtteil Findorff, in dem er auch geboren wurde. Dort schloss er sich vor anderthalb Jahren den Findorffer Schachfreunden an. „Ich habe meinen alten Verein gemocht. Doch wollte ich nicht jede Woche den weiten Weg auf mich nehmen. In Findorff habe ich einen Verein direkt vor der Haustür. Es gibt dort einige starke Spieler, von denen ich lernen kann. Natürlich will ich mich deutlich verbessern.“ Der ehemalige Ritterhuder hat sich inzwischen sehr gut in seinem neuen Verein eingelebt, doch gelegentlich fährt er gerne mal nach Osterholz um seine alten Kollegen zu besuchen. „Wären die Erfahrungen in Osterholz nicht so positiv gewesen, würde ich wohl heute nicht mit so viel Spaß und Ehrgeiz bei der Sache sein. Heute kann ich mir ein Leben ohne Schach gar nicht mehr vorstellen. Wenn ich später meinen Beruf als Grundschullehrer ausüben werde, möchte ich die Kinder auch für das Schachspiel begeistern.“
Im Juni fand die Bremer Qualifikation für den Deutschland-Cup statt. Hentrop setzte sich nicht nur in der eigenen Gruppe (DWZ (Deutsche Wertungszahl) 1300-1399) durch, sondern wurde verlustfrei souveräner Gesamtsieger der in Bremen aus Teilnehmermangel zusammengefassten Turniergruppe (DWZ 1300-1499). „Als ich mich qualifizierte, war für mich sofort klar: Da machst du mit! Ein solches Spektakel wird es in Deutschland so schnell nicht wieder geben. Da meine Wertungszahl (1395) noch deutlich unter meiner realen Spielstärke war, rechnete ich mir auch im Vorfeld gute Chancen aus mich zu qualifizieren.“
Zum Turnierverlauf
Am Sonntag in der ersten Runde trat Malte Hentrop gegen André Röwekamp vom SF Reckenfeld (NRW) an. Der Norddeutsche verstand im Gegensatz zu seinem Gegner das Eröffnungskonzept der Russischen Verteidigung recht gut und erspielte sich schnell einen leichten Eröffnungsvorteil. Er verlor jedoch mit einem Zug gleich zwei Tempi und wenig später einen Bauern, sodass sich der leichte Vorteil in einen leichten Nachteil umkehrte. Röwekamp bekam gefährliches Figurenspiel, welches der ehemalige Osterholzer aber zu verteidigen wusste. Es entstand ein Turmendspiel, in dem der Bremer die strategischen Pläne besser verstand und sich ein klar gewonnenes Endspiel erspielt. Allerdings unterlief ihm ein großer Fauxpas, sodass er nur noch ein Remis erlangte. Auf Grund der niedrigen Teilnehmerzahl reichte das Remis um im KO-System weiterzukommen.
Am nächsten Tag hieß der Gegner Johann Krause vom SG Porz (NRW). Die Kontrahenten zeigten an diesem Tag ein sauberes Spiel und erreichten eine Remisstellung. Der Blitzentscheid brachte Johann Krause im KO-System weiter, sodass Malte Hentrop nicht mehr um den Turniersieg spielen konnte und im Schweizer System weiterspielte.
Dienstags mussten die Spieler gleich zwei Mal ans Brett. Zuerst spielte der 23-jährige gegen Jonas Tebbe (SK Nordwalde) aus. Dies war somit schon der dritte NRW-ler, dem Hentrop sich stellen musste. Dieser behandelte die Eröffnung sträflich und musste nach schon 20 Zügen die Waffen strecken.
In der vierten Runde tat Hentrop sich gegen den erst 12-jährigen Sachsen Tobias Jacob, der dem TSV Kitscher angehört, äußerst schwer. In der Eröffnung erspielte er sich schnell leichten Vorteil, fand jedoch nicht die richtigen Pläne, sodass der Sachse seinerseits aktiv wurde und Malte gehörig beschäftige. Tobias Jacob erhielt ein leicht besseres Endspiel. Dies spielte er über eine sehr lange Zeit stark, lief dann jedoch in ein taktische Falle, die Malte Hentrop ihm stellte. Hentrop kassierte zwei Mehrbauern, mit denen er sich auch erfolgreich den vollen Punkt holte.
Der nächste Tag bescherte dem Bremer Qualifikanten dann die erste reguläre Niederlage. Der Saarländer Maximiliam Steffen (SC Lesbach 1975 e.V.) reagierte auf Hentrops 1. …c5 mit einem Alapin-Sizilianer. Beide Seiten spielten die Eröffnung lange Zeit sauber. Hentrop fand jedoch keinen überzeugenden Plan, während sein Gegner ein konsequent gespieltes Angriffsspiel aufzog.
Die sechste und letzte Runde brachte mit Jonathan Hartzendorf aus Rheinland-Pfalz erneut einen starken Gegner. Er setzte mit den schwarzen Steinen den klassischen Franzosen mit 5. … cxd4 fort. Mit dieser Stellung hatten beide Spieler, wie sich in der nachträglichen Analyse zeigte, bereits Erfahrungen gesammelt. Hentrop spielte die Variante konsequent aggressiv weiter und bekam durch das klassische Läuferopfer auf h7 heftigen Angriff. Doch auch sein Gegner spielte konzentriert und genau. Anstatt die Figuren zu entwickeln oder den Versuch zu starten den Angriff abzuwehren reagierte richtigerweise mit einem Gegenangriff mit der Dame am anfällig gewordenen Damenflügel. Das Ergebnis war ein blanker weißer König und ein hängender Turm auf a1, der wegen der Mattdrohungen jedoch nicht genommen werden durfte. Die beiden Kontrahenten einigten sich auf Remis, verließen sich angrinsend den Turniersaal und beurteilten die Partie unisono mit dem Wort „krass!“.
Fazit
„Das Turnier hat mich sehr überrascht. Mein Ziel von vier aus sechs möglichen Punkten habe ich nicht erreichen können. Leider wurden es nur dreieinhalb. Ich rechnete damit, dass alle deutlich stärker spielen, als ihre alte und auch neu ausgewertete DWZ es vermuten lassen. Schließlich haben sich alle Teilnehmer in einem Qualifikationsturnier durchsetzen müssen. Aber dass ich es so schwer haben werde, hätte ich nicht erwartet. Meine Gegner waren allesamt zwischen zwölf und neunzehn Jahren alt. Noch stärker als sonst hat man gemerkt, dass bei diesen Jugendspielern die Wertungszahl um gute 200 Punkte hinterherhinkte. Schon nach dem ersten Spiel war mir klar, dass ich bei meiner aktuellen DWZ von 1564 meine Wertungszahl nur schwer verbessern kann.
Obwohl ich mit meiner Bilanz nicht wirklich zufrieden bin, bereue ich die Turniereilnahme keineswegs. Das Turnier war gut organisiert. Zwischenfälle und Probleme hielten sich im Rahmen und wurden angemessen behandelt. Mit Dresdens Kongresszentrum entschied man sich zum einen für eine schöne und kulturell interessante Stadt und fand einen perfekten Austragungsort. Rahmenprogramm und Turnierangebot waren facettenreich. Besonders reizvoll war auch die Tatsache, dass man an den gleichen edlen, elektronischen Brettern spielte, wie die Nationalspieler zur späteren Stunde. Als störend empfunden haben die Spieler nur die ungewohnte Anordnung der Partieformulare, bei denen sich die Zugnummerspalte zwischen den weißen und schwarzen Zugspalten befand. Dies erschwerte sowohl die Notation während des Spiels als auch die nachträglichen Analysen. Doch über dieses Manko waren die meisten bereit hinwegzusehen und sich daran zu gewöhnen.
Ich hoffe, dass der deutsche Schachbund dieses Turnier auch in Zukunft losgelöst von der Olympiade durchführen wird. Bei anderen Turnieren streut die Leistungsstärke des Teilnehmerfeldes sehr stark, sodass man in der ersten Runde beim Schweizer System eine extrem starke Leistungsdifferenz hat. Dies ist für stärkere wie auch schwächere Spieler keine große Freude. Dieses Problem existiert bei dieser Turnierform nicht. Zudem bekommen auch schwächere Spieler mal die Chance um einen Turniersieg mitzuspielen, was gerade für junge Spieler eine tolle Motivation ist.“